1888, Briefe 969–1231a
1121. An Constantin Georg Naumann in Leipzig
Sils, d. 18 Sept. 1888
Geehrtester Herr Verleger,
sehr überrascht, aber noch mehr erbaut davon, daß Sie sofort an den Druck des „Müßiggangs“ gegangen sind. Meine Bedenken im letzten Brief ausgedrückt kommen gegen die Bedenken, die mein erster Brief über dies Thema enthielt, nicht in Betracht. Um jenes außerordentlich ernste Werk, die Umwerthung aller Werthe herausgeben zu können, bedarf es wirklich eines Jahrs zum Mindesten von Zwischenraum, Zwischenzeit in Hinsicht auf frühere Publikationen. Vielleicht nehmen wir, um die beiden Schriften nicht zusammen zu werfen, einen Termin von 1—2 Monaten an, in dem dann die zweite Schrift erscheint. Soviel bedingt zuletzt auch schon der Druck. —
Daß ich noch nicht in Turin bin, ist Folge der ungeheuren Überschwemmungen, die Engadin und Oberitalien erfahren haben. Die Eisenbahn Colico-Chiavenna ist noch nicht hergestellt: doch verspricht man’s für die allernächsten Tage. — Ich bitte also von jetzt ab nach Torino (Italia) ferma in posta zu adressiren. —
Die Adresse des Herrn Köselitz wird noch für 2 Wochen ungefähr diesen sein:
Buchwald b/Wurchow
(Hinterpommern)
mit der Neben-Adresse
S‘Hochwohlgeboren
Herrn von Krause
Anbei folgt das Vorwort, das gilt. — Was ich Ihnen bisher als Vorwort geschickt habe (das gestrichne Stück natürlich abgerechnet), ist von mir noch etwas fortgesetzt worden, so daß es jetzt in das Buch kommen soll — und zwar an vorletzter Stelle. (— den Schluß bilden die „Streifzüge eines Unzeitgemäßen“) Wir wollen dem Aufsatz den Titel geben:
Was den Deutschen abgeht.
Er hat jetzt, mit seiner Verlängerung, die ich Ihnen heute übersende, im Ganzen 7 kleine Abschnitte. Entsprechend muß auch in der Inhalts-Angabe dieser Titel eingetragen werden. —
Das Vorwort ist jetzt viel kürzer — und zweckentsprechender. —
Ich telegraphirte heute morgen, nur um Sie über den Druck nicht irre werden zu lassen.
Hochachtungsvoll Ihr
ergebenster
Dr Nietzsche
— Es ist mir sehr lieb, auf diesen Weise den Winter frei zu bekommen. —