1888, Briefe 969–1231a
1103. An Constantin Georg Naumann in Leipzig
<Sils, den 7. Sept. 1888>
Sehr geehrter Herr Verleger,
dies Mal werde ich Ihnen eine Überraschung machen. Sie denken gewiß, daß wir mit Drucken fertig sind: aber siehe da! Soeben geht das allersauberste Ms. an Sie ab, das ich je Ihnen gesandt habe. Es handelt sich um eine Schrift, welche in Hinsicht auf Ausstattung vollkommen der Zwilling zu dem „Fall Wagner“ bilden soll. Ihr Titel ist: Müssiggang eines Psychologen. Ich habe es nöthig, sie jetzt noch herauszugeben, weil wir Ende nächsten Jahres wahrscheinlich daran gehen müssen, mein Hauptwerk die Umwerthung aller Werthe zu drucken. Da dasselbe einen sehr strengen und ernsten Charakter hat, so kann ich ihm nichts Heiteres und Anmuthiges hinten nach schicken. Andrerseits muß ein Zeitraum zwischen meiner letzten Publikation und jenem ernsten Werke liegen. Auch <mö>chte ich nicht, daß es unmittelbar auf die übermüthige farce gegen Wagner folgte. —
Diese Schrift, deren Umfang nicht beträchtlich ist, kann vielleicht auch in dem Sinne wirken, die Ohren etwas für mich aufzumachen: so daß jenes Hauptwerk nicht wieder solchem absurden Stillschweigen begegnet wie mein Zarathustra. — Also in Allem gleich wie die Schrift über Wagner: auch gleiche Zahl der Exemplare.
Ich verlasse am 15. Sept. Sils und gehe wieder nach Turin. Von dort aus melde ich Ihnen meine Adresse. Es steht nichts entgegen, daß wir sofort wieder mit dem Druck beginnen: und in Anbetracht, daß ich für diesen Winter eine tiefe Sammlung nöthig habe, wäre es mir sogar sehr wünschenswerth, wenn diesen wenigen Bogen sobald wie möglich erledigt würden. — Nachsendungen von Ms. haben Sie nicht zu fürchten. Ich war die letzten Wochen in einem wesentlich besseren Zustand als den ganzen Sommer. —
Ich ersuche Sie, Freiexemplare vom „Fall Wagner“ an folgende Adressen zu senden (mit der Bemerkung von Ihrer Hand: Im Auftrag des Herrn Verfassers
C. G. Naumann
Herrn Baron Carl von Gersdorff, Ritter usw.
auf Ostrichen bei Seidenberg,
Schlesien
Herrn Baron R. von Seydlitz, München, Heßstr. 3
Herrn Dr. Brandes, Kopenhagen, St. Anne-Platz 24
(drei Exemplare)
Herrn Professor Dr. Jakob Burckhardt, Basel
Herrn Professor Dr. Overbeck, Basel
Seevogelstr.
Herrn Dr. Fuchs, Danzig
Frau Dr. Elisabeth Förster
Colonie Neu-Germanien
Nueva-Germania
Paraguay (Südamerika)
(dieser Brief ist zu recommandiren)
Herrn Professor Dr Deussen, Berlin W.
(2 Exempl.) Kurfürstendamm 142
Fräulein Meta von Salis, Doktorin der Philosophie
Marschlins bei Landquart (Schweiz)
Herrn Heinrich Köselitz 2 Exempl.
Herrn von Holten, Professor der Musik
Hamburg
Ich erwarte jeden Tag die Ankunft, sei es von Exemplaren, sei es wenigstens von Aushängebogen. Lassen Sie sich doch von E. W. Fritzsch die Musikzeitungen ausschreiben, denen wir Exemplare schicken müssen. Kein Exemplar, bitte, an den „Bund“. — Dagegen eins an die Adresse:
Herrn Ferdinand Avenarius
Redaktion des „Kunstwart“
Dresden, Stephanienstr. 1
Hochachtungsvoll
Ihr ergebenster
Prof. Dr Nietzsche.