1886, Briefe 655–784
764. An General Simon in Siena (Entwurf)
<Nizza, um den 20. Oktober 1886>
Ein Gruß aus Nizza — denn ich habe es gemacht, wie dies Mal es alle Welt zu machen scheint und bin zeitiger als sonst nach Nizza gegangen. In der That hat die saison hier gut begonnen: in der Stadt verspricht man sich dies Mal sogar etwas Glänzendes. In unsrer Pension de Genève ist bereits die halbe Tafel voll geworden, Alles ist täglich im Gange, die benachbarte Villa Speranza gehört jetzt mit zum Hôtel, so daß es gegen 40 Zimmer mehr giebt als sonst; ich selber wohne in diesem Nebenhause, aus Gründen der Ruhe, und weil ich ein großes hohes Zimmer brauche, um arbeiten zu können. Vorhin sagte mir Mad. Savornin (welche großen Werth darauf legen würde, Sie und Ihre Frl Tochter wieder unter ihren Gästen zu haben) sie werde Alles thun, damit Sie es bequemer hätten, als das letzte Jahr Ihres Hierseins und zb. nicht so hoch zu steigen hätten: kurz, sie offerirt Ihnen ein anderes tiefer gelegenes Zimmer. Es sind auch die alten Gesichter wieder unter der Bedienung, die fleißige Rosalie, dann der Kellner vom Winter 1884—5, als Kassirerin Frau OKonnor; neu ist die jüngste Schwester von Mad. Savornin. Ungefähr 6 Gäste vom vorigen Winter habe ich wiedererkannt. — Bei Tisch erzählte mir ein Italiäner, der in Verbindung mit den offiziellen Kreisen Roms ist, daß daselbst die Cholera in weit höherem Grade hause als man das in der Presse eingestehen dürfe: c. 50 Fälle den Tag. In der That scheint die Begünstigung, welche die Riviera dies Mal seitens der Fremden erfährt, zu einem guten Theil von dem Mißtrauen abzuhängen, welches das durchseuchte Italien macht.