1886, Briefe 655–784
677. An Franziska Nietzsche in Naumburg (Postkarte)
<Nizza, 19. März 1886>
Verzeihung für mein langes Schweigen und nimm mit dieser Karte fürlieb, meine gute Mutter! aber ich darf nicht mehr schreiben als ich schon schreibe, bin außerdem sehr angegriffen und recht viel krank. Noch weiß ich nicht, wie der Plan des Jahres zu machen ist: jedenfalls nimm bei Deiner Zimmer-Vermiethung keine Rücksicht darauf! (Du weißt ja, daß ich eventuell doch nur „vorübergehend“ in Naumburg sein könnte, und daß ich, der Stille wegen, das Nest oben vorziehe) Ich habe Prof. Rohde in Tübingen gratulirt zu seiner Versetzung, aber keine Antwort erhalten: vielleicht sind wieder Briefe verloren gegangen? (Ein prächtiger Brief vom Lama, mitten auf der Fahrt geschrieben und ein Zeichen von Glück und gutem Muth, hat mir sehr wohl gethan: ich war so in Angst...) Bis zum 13. April bleibe ich hier, nachher wahrscheinlich Venedig. Aber ich habe Niemanden dort, der für mich sorgt und mich etwas zerstreut — ich bedarf sehr der Erholung.
Von Herzen Dein F.