1887, Briefe 785–968
910. An Ernst Wilhelm Fritzsch in Leipzig
<Sils-Maria, 15. September 1887>
Werthester Herr Verleger,
noch ein Wort aus Sils-Maria! So eben meldet mir Dr. Widmann (Berner „Bund“) den ich eigens darüber gefragt habe: daß er in der That drei Monate umsonst auf die „fröhliche Wissenschaft“ gewartet habe. Dies ist bedauerlich: was ist denn passirt? Dr. Widmann hat im vorigen Sommer einen längeren sehr intelligenten Essai über mein „Jenseits von Gut und Böse“ gebracht; er war mir bis dahin unbekannt. Inzwischen hat er mir noch seine tiefe Anhänglichkeit an gewisse Gedanken der „Geburt der Tragödie“ ausgedrückt; mehr scheint er nicht von mir zu kennen. Ich glaube, Sie thäten gut, ihm alle meine Bücher zum Zweck einer längeren Besprechung zu präsentieren; sein Blatt, das verbreitetste Schweizer Blatt, ist überall auf der Erde zu finden, wo es Schweizer giebt (— und ich, als Einer, der fast 19 Jahre hauptsächlich in der Schweiz gelebt hat und der 10 Jahre an einer Schweizer Hochschule thätig war, bin, wie sich von selbst versteht, unter Schweizern sehr bekannt)
Auf meiner Karte von heute morgen theilte ich Ihnen mit, daß meine Adresse von nun an Venezia (Italia) poste restante ist.
Sie sind mir immer noch die Adresse des Herrn Hans von Bülow schuldig.
Mit herzlichem Gruße
Ihr ergebenster
Prof. Dr. Nietzsche
Insgleichen ist ein Dozent der Berliner Universität zu einer Gesammtbesprechung meiner Bücher in Arbeit: wie mir mein Freund Prof. Deussen von dort meldet.