1887, Briefe 785–968
799. An Ernst Wilhelm Fritzsch in Leipzig
Nice (France) rue des Ponchettes 29 au premier den 13. Febr. 1887
Werthester Herr Verleger,
voran Ihnen und Ihrer verehrten Frau Gemahlin meine aufrichtigen Glückwünsche zu dem Ereigniß in Ihrer Familie, das Sie mir heute meldeten. —
Inzwischen werden Sie aus meiner Karte (vom Dienstag) ersehn haben, daß meine Zeit hierselbst zu Ende geht und nicht nur meine Zeit, sondern auch meine Geduld — Oh wenn Sie wüßten, was ich selbst mich Anfang Winters beeifert habe, um das Manuscript zu der versprochnen Zeit in Ihre Hände abliefern zu können!
Wir Beide, werther Herr Fritzsch, sind zwar nahe genug der sächsischen Grenze geboren — damit aber haben wir noch lange kein Recht auf die verdammliche sächsische Bummelei und Unpünktlichkeit, der ich meinerseits Zeitlebens den Krieg gemacht habe. —
Ich dachte inzwischen daran, die eingesandten Manuscript-Stücke zu einer zweiten Auflage von „Jenseits von Gut und Böse“ zu verwenden. Indessen — wenn Sie mir garantiren können, daß der Druck innerhalb 5—6 Wochen zu Ende gebracht werden kann, so soll es bei meiner ersten Absicht bleiben. So lange will ich mich dann hier noch fixieren.
Das Verzeichniß der Stücke, welches Ihr heutiger Brief enthält, ist schwer von mir bloß aus dem Gedächtnisse zu controliren. Zunächst fehlt jedenfalls gerade der Anfang des fünften Buchs (Ich glaube, die Überschrift war: was es mit unsrer Heiterkeit auf sich hat) Insgleichen fehlt das zweite Stück „Inwiefern auch wir noch fromm sind, also 344. Die letzte Nummer des vierten Buchs ist übrigens 342: folglich muß die erste Nummer des fünften Buchs 343 sein (und nicht 345) Auch erkenne ich nicht aus Ihrem Register, ob Sie 371 Wir Furchtlosen richtig auch mit dem später geschickten Nachtrag versehn haben.
Diese hier angedeuteten Veränderungen belieben Sie noch zu machen: dann mag Ihr Register, das ich wieder beilege, Gültigkeit haben.
Aber warum sind nicht wenigstens die Abzüge der Vorrede in meinen Händen? Insgleichen ein fertiges Exemplar der Morgenröthe? —
Der Druckgang der gleiche, wie früher: ein Abzug mit dem Manuscript an Hrn. Köselitz (Venezia, San Canciano calle nuova 5256) zu gleicher Zeit ein Abzug an mich.
Ihr ergebenster Dr. Nietzsche