1885, Briefe 568–654
597. An Heinrich Schieß in Basel (Entwurf)
<Venedig, gegen Ende April 1885>
Meine Augen geben mir große Besorgnisse und noch mehr Unbequemlichkeit und Langeweile. Der Zustand ist so, daß ich mit Mühe lesen kann, durch die Menge Schleier, die vor mir herumschweben: dabei thränen die Augen beständig. Hier, in der feuchten Luft Venedigs, finde ich es viel lästiger als in der trocknen Luft Nizzas: sollte hier das Licht, wegen des vielen Wasserdampfs, eine andre Art von Reizung des Sehnervs hervorbringen als dort, wo die Lichtstrahlen direkter sind und nicht so undulatorisch wirken wie hier? — Mein jetziges Augenleiden scheint mir toto genere verschieden von meinem früheren: das frühere hatte, wie mir scheint, seinen Grund in Ernährungs-störungen des Gehirns, welche den nervus opticus zeitweilig depotenzirten: mein jetziges hat wohl mit der Netzhaut zu thun? Verzeihung für solche Vermuthungen: zuletzt ist es vor Dir eine Unbescheidenheit, auch nur solche Vermuthungen zu äußern.
Die Salbe mit Kali jodatum hat keine irgendwie merkbare Veränderung hervorgebracht.