1885, Briefe 568–654
574. Vermutlich an Marie Köckert in Hanau (Entwurf)
<Nizza, Mitte Februar 1885>
Der Himmel weiß (oder weiß er es nicht?) ob ich mich über Ihren Brief gefreut habe. Es kam daß ich’s gestehe, ein kleines boshaftes Vergnügen noch dazu; ich hatte nämlich bei mir gewettet, daß Sie mir diese Worte schreiben würden (Werden Sie es glauben, daß ich hier und da an der Einbildung leide, das zu sein, was man einen Menschenkenner, einen Nierenprüfer nennt? Nein, Sie werden es nicht glauben.
Diesen April werde ich wieder nach Zürich kommen; und später muß ich nach Deutschland, unter die lieben Deutschen — über welche Sie mir nach dem Herzen reden. Es wird muthmaaßlich für lange Zeit meine letzte Reise in diese nordische Welt sein, deren Aufgaben und Werthschätzungen nicht meine Aufgaben und Werthschätzungen sind, und deren Luft mir leicht den Athem nimmt. Damit — will ich aber noch nichts gegen die jetzigen Deutschen gesagt haben: nur daß ich nicht unter sie gehöre.
Haben Sie das tiefste und hellste, südlichste, ja sogar morgenländischste Buch gelesen das es giebt? Pardon, ich meine „Also sprach Zarathustra“ von Friedrich Nietzsche.