1884, Briefe 479–567
523. An Resa von Schimhofer in Zürich
Sils-Maria, Oberengadin(diese Adresse genügt)<25. Juli 1884>
Verehrtestes Fräulein,
hier ist gut leben, in dieser starken hellen Luft, hier, wo die Natur auf wunderliche Weise zugleich mild, feierlich und geheimnißvoll ist — im Grunde gefällt mir’s nirgendswo so gut als in Sils Maria, kurz, Sie werden mich wieder heiter und guten Muths finden, wie in Nizza.
Ich überlege, wie Sie am besten reisen. Nothwendig ist, sich einen Coupéplatz (Chur-Silvaplana) bei der Post in Chur vorauszubestellen, mindestens 8 Tage voraus: der Andrang ist groß. Die Morgenpost geht (wenn ich mich recht erinnere) um 6 Uhr in Chur ab und ist Abends um 5 ungefähr in Silvaplana, wo ich Sie empfange. Ich möchte gerne sobald als möglich den Tag wissen, an dem Sie eintreffen wollen, damit man für diesen Tag Ihnen ein Zimmer im Hotel Alpenrose (wo ich esse) reservire: der Andrang ist auch da groß. Sehen Sie übrigens das schweizerische Eisenbahn-Coursbuch an: man kann auch Nachmittag von Zürich abfahren und gegen 11 den Anschluß an die Nachtpost in Chur erreichen — in diesem Falle ist man Morgens um 10 in Silvaplana. Das ist aber sehr anstrengend; rathsamer scheint mir, in Chur (Hôtel Lukmanier) die Nacht zu bleiben; das genannte Hôtel liegt der Post gegenüber. —
So viel. Ich freue mich auf Ihre Ankunft. Eben blitzt es.
Herzlich Ihnen ergeben
Nietzsche.