1874, Briefe 339–411
401. An Elisabeth Nietzsche in Naumburg
<Basel,> 3 Nov. 1874.
Meine gute Lisbeth,
ich danke Dir recht herzlich für Deinen Brief. — Also einige Mittheilungen. Erstens: ich esse seit einem halben Monat wieder im Kopf und befinde mich bis jetzt ausgezeichnet dabei. Überhaupt ist mein Magen seit Jahren nicht so gut gewesen wie jetzt. Zweitens. Schmeitzner hat von Fritzsch die beiden ersten Unzeitgemäßen angekauft. Im Vertrauen, der buchhändlerische Erfolg, wie hierbei herausgekommen ist, war bis jetzt ein kläglicher: von der ersten sind c. 500, von der zweiten kaum 200 Exemplare verkauft, und auch von der Geburt der Trag. sollen noch ein paar hundert übrig sein: erst wenn die verkauft sind, erscheint die zweite Auflage. An alledem ist zum Theil die ungeschickte Geschäftsführung Fritzschens schuld, zum größten Theil natürlich etwas Anderes. Übrigens hat Fritzsch ungefähr die Hälfte der mir schuldigen Summe bezahlt; ich habe große Massen Bücher einbinden lassen, und so ist es bald wieder vorbei.
Mit Gersdorff haben wir eine merkwürdig glückliche und heitere Woche verlebt, er kam am 16 Oct. an. Der arme Baumgartner laborirt sehr als Soldat. Von Overbeck erscheint jetzt eben ein Buch Studien zur alten Kirchengeschichte. Neulich war ich Abends bei Frl. Kestner, welcher ich Dein Bild brachte, zusammen mit einer schnurrigen alten Lievländerin Baronin Güldenstubbe, die aus Aegypten kam. Zwei Winterconcerte habe ich schon überstanden, ich dorre für Basel immer mehr ab, wie Du Dir denken kannst. Ein großes Colleg wird mich diesen Winter festnageln — ein Versuch für meine Augen. Morgen ist Rektoratsfeier, mit großem Schmause. Viel Meßlärm in der Stadt.
Das Beste kommt noch in Gestalt von Briefen zu mir. So aus Bayreuth, von Rohde usw. — Wozu war denn der kleine Borstwisch bei meinen Geburtstagsgeschenken?
Hier giebt es viel Obst und immer noch Weintrauben.
Die Braut des Prof. Von der Mühl kenne ich nicht, es soll ganz normal-baslerisch zugegangen sein.
Sage unsrer lieben Mutter etwas Gutes von mir und behalte mich lieb
Dein Fritz