1874, Briefe 339–411
347. An Elisabeth Nietzsche in Naumburg
Basel Mittwoch. <18. Februar 1874>
Meine liebe Lisbeth, ich habe Dir für mehrere Briefe zu danken, vor allem auch für die mir sehr convenirende Erledigung der Erbschafts-Angelegenheit. Anläßlich der noch disponiblen 60 Thl. von denen Du schreibst, habe ich nun noch eine Bitte an Dich. Schicke doch 50 Thl. in meinem Namen an Professor Carl Riedel in Leipzig (Lindenstrasse 6) Ich bin meinem gegebnen Versprechen gemäß dies noch zu zahlen verpflichtet. — Daß ich von Fritzsch überhaupt noch Gelder bekommen werde, bezweifle ich im Stillen; genug, ich habe nichts bekommen und muß warten. In spätestens 2 Wochen wirst Du auch die Nr. 2 der Unzeitgemässen bekommen. Es sind 111 Seiten geworden.
Sehr kurios ist das Naumburger Erlebniß mit dem Professor Plüss, einem Basler. Ich finde es sehr artig in Rücksicht auf die beiden Städte. Übrigens hat man, im Vertrauen gesagt, wohl daran gedacht, diesen Herrn einmal als Nachfolger von Gerlach zu berufen. Ich kenne ihn übrigens gar nicht.
Über Bayreuth haben wir neulich eine noch unerklärte, aber sehr hoffnungsreiche Notiz bekommen. Wir warten auf Genaueres. Frl. v. Meysenbug schrieb aus San Remo bei Nizza und läßt Dich auch grüßen. Es geht ihr schlecht und sie hat viel zu leiden; dazu ist sie ganz einsam. Daß Hillebrand an mich geschrieben hat, habe ich schon erzählt?
Romundt hat gestern Abend einen öffentlichen Vortrag in der Aula gehalten. Heinze hat mich besucht; aber das habe ich auch schon erzählt.
Mein Befinden ist gut. Es ist kein Zweifel, daß ich jetzt die richtige Lebensweise gefunden habe. Geht es mir einmal schlecht, so hat es immer ganz nachweisbare Gründe. Ich glaube, Ihr werdet mich Ostern wohler finden als Weihnachten.
Mit den Augen freilich steht es wie ich schon sagte. Schonung fortgesetzt! Übrigens habe ich seit Weihnachten in keiner Beziehung mehr medizinirt; worüber sich unsre gute Mutter freuen wird.
Wenn ich aber Ostern kommen soll, müßt Ihr’s recht geheim halten; daß ich auch wirklich Ruhe und Behagen finde. Wir wollen ja keine Pläne machen.
Sage unsrer lieben Mutter den herzlichsten Dank für ihren Brief und seid insgesammt herzlich gegrüßt.
Euer Fritz.