1874, Briefe 339–411
374. An Gustav Krug in Naumburg
Basel den 6 Juli 1874.
Höre heute auch von mir, mein geliebter Freund, ein paar Worte herzlicher Betrübniss. Ich weiss freilich aus Erfahrung fast eben so wenig davon, was es heisst einen Vater zu verlieren als einen Vater zu besitzen. Dafür ist mir mein Jugendleben innerlich schwerer und bedrückender geworden als billig ist; und gerade aus meinem oft empfundenen Bedürfniss nach einem wahrhaft vertrauten und liebenden Berather wage ich es, auch heute den Grad und Umfang Deines Verlustes zu verstehen.
Sehe ich nun auf Dich, so treten wieder die räthselhaft verbundenen Worte: Tod und Hochzeit, so schnell hintereinander vor meine Augen, dass des Lebens und Blühens gar kein Ende abzusehen ist. In Dir selber lebt Dein Vater fort, und sein Bestes und Edelstes soll in Dir unverloren sein.
Und so soll auf jene wunderlich ungeheure Frage, die das Wort „Tod“ aufwirft, jenes Andere Wort eine Antwort geben. Eine Antwort: denn vielleicht giebt es mehrere. —
In alter getreuer Gesinnung
Dein F. N.
Grüsse Deine verehrten Angehörigen von mir und meiner Schwester, mit dem Ausdrucke des herzlichsten Beileides.