1869, Briefe 1–633
29. An Elisabeth Nietzsche in Naumburg
<Basel, 25.September 1869>
Liebe Lisbeth,
Deinen Brief mit Vergnügen erwidernd bin ich nun froh endlich ein Definitivum zu wissen, noch dazu ein so angenehmes. Schon war ich in meinen Gedanken bereit, wieder Naumburger Athmosphäre ein paar Wochen zu athmen: und ich hätte dies recht gern gethan. Mancherlei kam zusammen, um mir eine Reise nach Norddeutschland in annehmbarem Lichte erscheinen zu lassen, Ihr, Heimat, Freunde, Leipzig usw.
So ist es freilich noch besser arrangirt, und ich finde es sehr verständig, verständlich und anstandslos.
Immerhin bitte ich aber noch um eine kurze briefliche Notiz über Tag und Zug Eures Kommens.
Zugleich noch mit einem Vermerk, ob es Euch recht ist, daß ich unsre Ankunft in einer schön gelegnen und empfohlenen Pension (Hautrive bei Vernex und Montreux) anmelde. Oder warten wir, um an Ort und Stelle zu wählen?
Übrigens denke ich Euch doch noch einen Eindruck der vollen Gebirgswelt zu verschaffen. Seht Euch mit warmen Kleidern vor.
Ich muß leider viel arbeiten, Vorbereitungen für die Wintervorlesungen und dann auch der berühmte index, an dem Du wieder anziehende Beschäftigung zu gewärtigen hast.
Heute morgen habe ich die Vorlesungen des Sommersemesters geschlossen: ein halbes Jahr war glücklich überwunden. Heute Abend sind meine Zuhörer zu mir eingeladen.
Geselligkeit in Basel selbst findest Du freilich nicht. Denn alle Welt verreist jetzt. Nur Rathsherr Vischer und Frau haben sich Euren Besuch ausgebeten.
Ich denke daß Ihr in meinem Hause logieren könnt: vorausgesetzt daß Ihr nicht früher als Dienstag Abend kommt.
Zum Schluß die Bemerkung, daß Ihr kein preußisches Papier mitbringen dürft: mindestens habt Ihr großen Schaden. Am brauchbarsten ist alles in Gold, Louisdor’s (=20 frs.)
Nehmt aber lieber etwas zu viel mit als umgekehrt.
Und dann vergeßt nicht meine eignen Bedürfnisse.
Auch erinnere ich mich, daß mein Geburtstag in die Zeit unsres Zusammenseins fällt.
Beiläufig die Bitte, mir bei Haverkamp ein Beinkleid machen zu lassen, hell, recht hell und stark wollig. Dann eine dunkle Weste mit kleinem Ausschnitt. Dann bringt mir doch die hirschledernen Unterhosen mit.
An alle Seiten freundliche Grüße.
Und Euch meine besten.
Auf Wiedersehn!
FN.