1871, Briefe 118–182a
163. An Carl von Gersdorff in Berlin
Naumburg Freitag Abend <20. Oktober 1871>
Hier, mein lieber Freund, empfange den „glücklich erstandenen“ Faust zurück, den wir am Mittwoch an einer Stelle, wo Du gerastet hattest, wiedergefunden haben. Wir haben sehr darüber gelacht, und im Stillen dachte ich mir, daß es kaum eine freundlichere Gunst der Dämonen geben kann. Darum wollen wir diesen Dämonen, die bei unsrer Zusammenkunft sichtlich auf das Wohlwollendste sich bemüht haben, ein gemeinsames Dankopfer bringen, über das ich an Rohde soeben das Nöthige berichtet habe. Am nächsten Montag Abend um 10 Uhr wollen wir es so einrichten, daß ein Jeder von uns ein Glas dunklen rothen Weins erhebt und die Hälfte davon in die schwarze Nacht hinaus gießt, mit den Worten χαίρετε δαίμονες, die andre Hälfte aber trinkt.
Zugleich bekommst Du die Meßphotographie, auf der Du wie ein Pascha thronst: für die übrigens jeder noch 10 Sg. zu zahlen hat: als welche Summe ich einstweilen erlegt habe.
Morgen reise ich nach Basel. Inzwischen empfange meinen herzlichsten Gruß und Dank. Es waren herrliche Tage. Es lebe unsre Freundschaft!
Dein getreuer Freund
Friedr Nietzsche