1883, Briefe 367–478
399. An Ernst Schmeitzner in Chemnitz
<Genua>, Dienstag <2. April 1883>
Werthester Herr Verleger
„es steht nicht in meiner Macht“, den Zarathustra-Text zu Gunsten der ängstlichen Leipziger zu verändern — und es freut mich zu hören, daß Sie selber in dieser Beziehung mich und meine Unabhängigkeit vertreten haben. Was übrigens „den Staat“ betrifft: so weiß ich, was ich weiß. Mag man mich zu den „Anarchisten“ rechnen, wenn man mir übel will: aber gewiß ist, daß ich europäische Anarchien und Erdbeben in ungeheurem Umfange voraussehe. Alle Bewegungen führen dahin — Ihre antijüdische eingerechnet.
Aus einiger Entfernung gesehn sieht der „Antisemitismus“ ganz und gar so aus wie der Kampf gegen die Reichen und die bisherigen Mittel, reich zu werden.
Verzeihung! Wie komme ich dazu zu politisiren! —
Was das Titelblatt zu Zarathustra betrifft: so schlage ich diesmal etwas Neues vor, nämlich daß darauf gar nichts weiter steht als
Also
sprach Zarathustra.
Sehr groß natürlich und in rother Farbe, auf blaßgrünem Grunde. Was urtheilen Sie?
Eine vorläufige Anzeige durch die Augsburger Zeitung würde ich rathsam finden. Ja keine Reclame, lieber Herr Schmeitzner — es würde der „übermenschlichen“ Vornehmheit der Zarathustra-Tendenzen Abbruch thun.
Sie sprachen in Ihrem letzten Briefe von Geld-Überfluß oder etwas Ähnlichem. Wenn es Ihnen bequem fällt, so hätte ich gerne das Honorar hierher und bald — und zwar in französischem Papier. Gesetzt, daß es 6 Bogen werden, so betrüge die Summe gerade frs. 300.
Bitte, es in einem recommandirten Briefe zu senden, an meine angegebene Adresse, ohne eine Bezeichnung, daß Geld darin ist. Bisher habe ich auf diese Art mir alles Geld schicken lassen. —
Treiben Sie ja doch die Druckerei vorwärts! Ich will Genua verlassen und mit Schiff: und vorher soll Alles fertig corrigirt sein!
Mit herzlichem Gruß und Dank der Ihre
Nietzsche
Schlimmer als „starke Ausdrücke“ sind — „schwache Ausdrücke"!
(Auch ein Probeblatt des Umschlags (des Titels) soll Teubner schicken!)