1873, Briefe 287–338a
303. An Cosima Wagner in Bayreuth (Entwurf)
<Basel, April 1873>
Verehrteste Frau, Sie haben mir die Ehre erwiesen die Widmung dieses Buches ohne Bedenken und sofort anzunehmen. Darf ich diese Unbedenklichkeit aus dem Vertrauen ableiten, welches Ihnen meine Abhandlung die Geburt <der Tragödie> über mich als Autor eingeflößt hat, so will ich Ihnen hier bekennen welche neuerliche Erfahrung mich selbst beinahe gegen das Buch eingenommen hätte.
Wir haben unter uns, eine schlimme Meinung über alles das was in dieser schlechten Zeit sofortigen Erfolg und Eingang findet: und das Buch von David Strauss, das in wenig Monaten vier Auflagen erlebte, müßte schon nach diesem Kanon sehr schlecht sein. Deshalb hätte mich fast die nach abgelaufenem Jahre nöthig gewordene zweite Auflage eines Buches mißtrauisch gegen dasselbe stimmen können, wüßte ich nicht zu seiner Rechtfertigung, daß an diesem sofort<igen> Erfolge jene schlechte Welt, mit ihren krähenden und kreischenden Zeitungen und Litteraturblättern als Herolden keinen Antheil hat, daß vielmehr von dieser Seite aus eine behutsame Stille für gut befunden worden ist. Ich halte mich, nach dieser Erfahrung hin, und allen andren für den beglücktesten Autor: denn gerade jene Windstille ist für die Fahrt meiner Schiffe das beste Anzeichen. Warum leben Sie nicht in der gleichen Windstille?
fast alle musikal. Berichterstatter die gegen Sie schreiben, leben von Ihnen — dies erklärt den ungebührlichen Lärm, es handelt sich um die Nothdurft der Herrn Hanslick Gumbrecht oder wie die Burschen heißen, deren Namen ich nicht merken will.