1876, Briefe 496–584
545. An Elisabeth Nietzsche in Basel
<Bayreuth, 28. Juli 1876> Freitag früh
Meine gute liebe Schwester, nun geht es besser, seit drei Tagen habe ich an meinem Befinden nichts mehr auszusetzen: dafür lebe ich auch bei Frl. v Meysenbug, bin von früh an im Garten, trinke Milch, bade im Fluss und esse so wie es mir wohlthut. Inzwischen habe ich die ganze Götterdämmerung gesehn und gehört, es ist gut sich daran zu gewöhnen, jetzt bin ich in meinem Elemente.
Meine Sachen liegen ausgepackt in der Giesselschen Wohnung. In einigen Tagen will ich in diese übersiedeln.
Beiläufig (aber nicht mittheilbar!): für den zweiten Cyclus sind noch nicht die Hälfte, für den dritten kaum ein Drittel der Plätze verkauft. Du siehst, wozu ich mich also nicht entschliessen werde.
Heute Abend kommt der König. Er hat über meine Schrift telegraphirt, dass sie ihn entzückt habe. — Ebenfalls kommen heute Schuré’s. Wagner’s und die Kinder haben sehr nach Dir gefragt.
Mit der italiän. Reise richtet sich alles so ein, dass es schöner als meine Wünsche werden könnte. Meer und Wald und bei Neapel — vielleicht läuft es darauf hinaus. Man muss nur hoffen. Meine Gesundheit nimmt einen so guten Anlauf, ich bin viel heiterer.
Halten wir ja an Arlesheim fest, es ist der einzige Ausweg, um fürderhin in Basel leben zu können.
Gestern fuhren wir zusammen nach Fantaisie. Bébé Monod trank schrecklich viel Milch.
Gesehen habe ich ausser den Verwaltungsräthen Frau von Schleinitz, Porges, Baligand, Lallas, Heckel, Richter. Ich muss mich aber sehr zusammennehmen und weise alle Einladungen, auch bei W<agner>’s zurück. W<agner> fand dass ich mich rar machte.
Der Eintritt in die Generalprobe ist immer noch nicht sicher. Aber richte Dich nur darauf ein.
Brenner geht es recht ordentlich, er gefällt mir.
Wollen Baumgartner’s nicht kommen?
Lebe wohl meine gute Lisbeth tummle dich, fein’s Lama!
Ist seit jenem ungarischen Brief nichts bei mir eingetroffen?
Dein F N.
Die Hausgenossen grüssen herzlich und denken Deiner oft.