1876, Briefe 496–584
506. An Carl von Gersdorff in Hohenheim
<Basel, kurz nach dem 3. März 1876>
Liebster Freund,
Du siehst wie es steht — denn ich kann selber nicht schreiben und muß, bildlich gesprochen, zur Feder und Hand meiner Schwester greifen. Es war Thorheit, für mich an Wien zu denken, eine entschuldbare Thorheit für Einen, der sich möglichst weit von der Monotonie eines leidenden Zustandes hinwegsehnt. Aber schon vor der Ankunft Deines Briefes war ich durch eine Verschlechterung meines Befindens hinreichend darüber belehrt, daß ich mir nichts dergleichen zutrauen dürfe, nur hatte ich gewünscht gerade für den Fall, daß ich nicht mitreiste, daß mein zweiter Vorschlag für Dich die Veranlassung zu genußreicheren Ferien würde als Du Dir jetzt in Begleitung eines Kranken versprechen darfst. Wie die Dinge nun gegangen sind habe ich diese Absicht freilich nicht erreicht, was ich herzlich bedaure zumal ich denken muß, daß mein letzter Brief Dich nur verwirrt und gequält hat. Wir lassen es also jetzt wie schon mein Telegramm besagte beim Alten und der sechste dieses Monates soll also vorläufig der Termin Deiner Ankunft sein vorausgesetzt, daß die Wünsche Deiner Eltern diesem Entwurfe nicht zuwider laufen.
Die Baumannshöhle steht bereit Dich in ihren Schlund aufzunehmen, und von der Höhle soll es dann weiter zu See, Wald und Fels gehen. Den genaueren Plan wollen wir dann erst hier gemeinschaftlich miteinander ausdenken. — Ich lese schon seit ein Paar Wochen keine Collegien mehr und bin die Beute von Schmerz und Langeweile zugleich. Es verlangt mich nach Gesundheit ebenso sehr als nach Veränderung!
Mit den herzlichen Grüssen meiner Mutter und Schwester bin ich
der Deinige
F N.