1881, Briefe 74–184
168. An Heinrich Köselitz in Venedig (Postkarte)
<Genua, 18. November I88I>
Lieber Freund, vielleicht bringt gerade das Interesse Ihres Schaffens eine zeitweilige Nöthigung der Ruhe oder der energischen Abziehung mit sich: ich weiß das nicht — aber kommen Sie, wenn Sie müssen, angemeldet oder unangemeldet: Ihrer bin ich immer gewärtig! Vom „Gelde“ sage ich nur so viel: ich erspare immer etwas: warum soll ich dies nicht für den gegebenen Fall eines Besuchs auf Ihre Zukunft anlegen, statt auf die des Hrn. Schmeitzner? Was ist sicherer? Sagen Sie selber! (— Ich rede recht genuesisch! —) Freund, ein großer Fund für Sie! Ich hörte zweimal eine ganz junge Sängerin als Somnambula: Emma Nevada. Zweimal hat sie mich in eine sanfte Trunkenheit versetzt (was noch keine Stimme über micht vermocht hat) Immer schwebt jetzt „Nausicaa“ um micht, ein Idyll mit Tänzen und aller südlichen Herrlichkeit solcher, die am Meere leben, Musik und Dichtung von Freund Köselitz; Nausicaa gesungen von Emma Nevada. Meine Genuesen waren ganz außer sich, sie haben sie behandelt wie einen Engel vom Himmel.
Ihr F.N.
Gab es je so schönes Wetter? —