1881, Briefe 74–184
123. An Franz Overbeck in Basel (Postkarte)
<Sils-Maria, 8. Juli 1881>
Mein lieber Freund, ich bin wieder im Engadin. Die ganze letzte Zeit äußerst schmerzhaft und gefährlich, ich dachte nicht lebendig aus R<ecoaro> fortzukommen. Das Engadin hat mich vor 2 Jahren im Leben festgehalten und wird es auch diesmal thun, ich habe es nirgends besser. — Ich hätte gern ein paar Bücher von der Biblioth<ek> oder Lesegesellsch<aft>, nämlich die zwei Bände Hellwald, 1) Culturgeschichte, 2) die Erde und ihre Bewohner. (Er kennt die neueste Litteratur der Historie, Reisen usw.) Sodann den Band Kuno Fischer’s über Spinoza. — Schmeitzner (der mir den Geldempfang gemeldet hat) wird Dir mein Buch geschickt haben; Verzeihung, es war nicht möglich 2 Exemplare, wie ich wünschte, zu senden. Zudem muß ich leider noch hinzufügen, daß es durchaus kein Buch zum Vorlesen ist, sondern im Superlativ ein einsames Buch sein will. — Wie erquickt es mich, von der Förderung Deiner „christl<ichen> Litteratur-Genesis“ zu hören! Wie viele Fragen habe ich dafür bereit! — Der grüne Heinrich ist mir für meinen (im Grunde pathetischen) Zustand ein wenig zu miniaturenhaft und bunt: aber es ist ein Ausbund von Poesie und Schelmerei, vielleicht sogar von Ernst.
Dein treuer Freund
F.N.