1866, Briefe 490–534
495. An Franziska Nietzsche in Naumburg
<Leipzig, vermutlich 6. Februar 1866>
Liebe Mama,
ich schreibe aus meheren Gründen eiligst. 1) habe ich schon seit einer Woche keine reine Wäsche mehr und bin verhindert auszugehen. Ihr habt doch die schmutzige Wäsche erhalten? Dabei leide ich schon seit Sonnabend an einem sehr schweren Husten; endlich heute scheint er sich etwas lösen zu wollen. Sprechen kann ich kaum mehr. 2) will ich gern nächsten Sonntag kommen und Montag und Dienstag dableiben, um das Pförtner Fastnachten mit zu erleben, besonders die Aufführungen der Primaner und Secundaner. Schreibe mir doch ja, ob es Euch paßt und was Ihr dagegen habt, ob ich logiren kann usw.
Bitte antworte mir doch sogleich und sende mir Wäsche zu.
Erlebt habe ich natürlich nichts, ich sitze auf meiner Stube und trinke Brustthee. Sonntag Abend war Gersdorff bei mir. Gestern hat mich der Vetter, Kinkel und Röscher besucht und heute Abend ist Kinkel eingeladen. Leider kann ich nicht so arbeiten, wie ich wollte, da der Kopf sehr eingenommen ist. Auch an Deussen habe ich geschrieben, der mich nun auch einmal mit einem Brief beehren dürfte.
Gersdorff reist übrigens auch für die besagten Tage nach Pforte. Der Himmel mag sich für diese Tage ausregnen und ausstürmen, damit ich ein schönes Reisewetter habe.
Damit lebt recht wohl und gebt wie gesagt, recht schnell Nachricht
Euer Fritz.