1861, Briefe 202–291
217. An Franziska Nietzsche in Naumburg
<Pforta, vermutlich 5. März 1861>
Ich bin Sonntag ganz wohl bei nicht so großem Sturm, wie ich glaubte, vor 10 in Pforta angekommen, nachdem ich zuvor bei Mannsbachs durchaus noch eine Tasse Thee trinken mußte. Montag habe ich nun ordentlig gearbeitet, denn unsre Examenzeit hat nun angefangen. Wir haben das Thema, Jägerund Fischerleben zu behandeln; ich habe es früher schon einmal in Naumburg ausgearbeitet. Bitte, sendet mir ja morgen Mittag mein deutsches Arbeitsheft, es liegt im Bücherschrank im dritten oder zweiten Fache von unten herauf. Lisbeth wird es schon finden. — Wir haben doch den Sonntag sehr hübsch zusammen verlebt und wie lange wird’s dauern, da bin ich wieder bei euch. Wenn nur erst diese Examenwochen glücklich überstanden sind!
Kannst du mir nicht ein paar Chocoladentafeln senden, damit ich wieder früh etwas Milch trinken kann? Sie ist jetzt sehr schlecht und da muß man so etwas haben; denn ganz nüchtern zu bleiben, wie ich jetzt eine längre Zeit gethan habe, ist gar nicht angenehm. Du würdest mir große Freude bereiten.
Das Bild von meinen Freunden habe ich an der Wand angenagelt, ich freue mich immer, wenn ichs sehe! Wollt ihr euch nicht auch photographieren lassen?
Hast du dann noch einmal nach dem Handtuch, Oe. nachgesehen? Heute folgt alle schmutzige Wäsche.
Nun lebt recht wohl, Mamma und Lisbeth! Wünscht mir jetzt Glück zur Examenzeit! Denn da ich so gefehlt habe, habe ich doch viel versäumt. Mir graut etwas davor!
Adieu!
Euer FWNietzsche