1861, Briefe 202–291
205. An Franziska Nietzsche in Naumburg
<Pforta, Mitte Januar 1861>
Liebe Mamma!
Ich habe Deinen lieben Brief erhalten und danke dir viele mal dafür. Den Brief an Schenk habe ich abgegeben. — Nächsten Sonntag sehen wir uns also in Almrich wie du mir schreibst. — Ich befinde mich diese Tage recht unwohl, weiß aber nicht, woher es kommt. Ich habe beständige Kopfschmerzen; der ganze Kopf ist mir davon eingenommen; dann thut mir der Hals weh bei jeder Bewegung ebenso die Kehle wenn ich athme. Die ganzen zwei Nächte habe ich garnicht geschlafen, sondern fror und schwitzte abwechselnd. Ich komme gar nicht recht zu Besinnung, es ist um mich alles wie ein Traum. Ich denke aber, wenn ich gar nichts dagegen thue, wird es recht bald wieder besser werden. Auf die Krankenstube gehe ich auf keinen Fall. Wenn es Sonntag noch schlimmer sein sollte, so gehen wir zusammen nach Naumburg und ich bleibe dann dort. Appetit habe ich gar nicht; doch esse ich wie gewöhnlich; denn wenn ich meine gewöhnliche Lebensweise fortsetze, wird es schon bald sich bessern. Macht euch nur ja keine Angst darum; Sonntag ist hoffentlich alles vorüber. Sende mir morgen doch ja die Kiste. Viele Grüße an Lisbeth!
Dein FWNietzsche.