1860, Briefe 124–201
199. An Franziska Nietzsche in Naumburg
<Pforta, Mitte Dezember 1860>
Liebe Mamma!
Nachdem wir uns wieder so lange nicht gesehen haben, muß ich heute doch einmal wieder die Feder ergreifen. Zuerst nun meinen herzlichsten Dank für diese Ruprechtüberraschung; es hat mir alles ausgezeichnet gemundet und ich habe mich lebhaft an die Stunden erinnert, die wir früher an diesem Tage zusammen verlebt haben. —
Dann wollte ich auch vermelden, daß jetzt unser zweites Frühstück eingeführt ist, bestehend in zwei Neckchen, die aber sehr die Butter vermissen lassen. —
Es hat mich sehr gefreut, daß ich den Onkel Oskar Sonntag längre Zeit sah; er scheint sich sehr wohl zu befinden und schilderte mir das Studentenleben mit den angenehmsten Farben. Die beiden andern scheinen mir auch sehr freundlich zu sein, sie waren ganz gemüthlich. Doch that es mir leid, daß du nicht da warst, insbesondre auch für Schenk, der sich gewiß sehr gelangweilt hat. —
Sonst wüßte ich nichts, was dich interessiren könnte. Schreib mir recht bald einmal! Grüße Lisbeth vielemal von mir!
D<ein> FW N.