1860, Briefe 124–201
155. An Franziska Nietzsche in Naumburg
<Pforta, Mitte Juni 1860>
Liebe Mamma!
Das war doch sehr hübsch, daß du mich gestern besucht hast; hast du denn auch den Hr. Dr. gesprochen? Der Münchhausen hat mir schon viel Amüsement bereitet, der Kuchen sehr gut geschmeckt. Der Schmerz hat noch wenig nachgelassen und bei Sitzen und Stehen wird er schnell stärker. Ich liege deßhalb meistentheils auf meinem Bette. Heute soll ich ein Senfpflaster auf den Fuß bekommen. —
Schickst du mir heute noch die zwölf Praeludien von Seb. Bach? und den Vel. Paterculus? Man muß hier etwas Unterhaltung haben: denn es ist sehr langweilig. —
Sonst bin ich ganz wohl, wie gestern. Ich denke viel an die Hundstage, die nun bald da sein werden Sonnabend über 14 Tage! Bitte, sage doch Lisbeth, ob sie nicht einmal an mich schreiben wollte. Denn jetzt habe ich eher Zeit zu antworten, wenn ich auch immer nicht weiß, was ich antworten soll. So genüge dir, liebe Mamma, auch diese<r> Brief um dir zu versichern daß es nicht schlimmer geworden ist. Lebt alle recht wohl! Viele Grüße!
Dein FWNietzsche