1860, Briefe 124–201
191. An Franziska Nietzsche in Naumburg
<Pforta, 10. November 1860>
Liebe Mamma!
Eben wollte ich dir schreiben, da empfange ich deinen Brief und höre, daß ich nicht morgen nach Naumburg kommen kann. Das thut mir nun zwar sehr leid, da ich mich sehr drauf gefreut hatte; aber freilich geht es nicht anders. Ich hatte auch gehofft, daß heute am Martinstag Spaziergang bis 3 sein würde; aber auch diese Hoffnung ist fehlgeschlagen, so daß wir uns wohl auf Sonntag über 8 Tage vertrösten müssen. Man kommt jetzt aus dem beständigen Arbeiten gar nicht heraus; aber doch befinde ich mich dabei ganz wohl, wenn nur alles gut geht. Ich habe mich auch immer bei Herüberkommenden über Schenk erkundigt, ihn auch heute besucht. Es geht ihm viel besser; er ist seit mehern Tagen aus dem Bett, langweilt sich aber schrecklich. Mittwoch denkt er vielleicht wieder herüber zu kommen. .... Die Noten und den Brief besorge doch, ich bitte dich an meine Freunde, und ich bitte dich, sobald wie möglich.
Mein Messer folgt auch, von dem ich dir schon früher schrieb.
Grüße Lisbeth vielemal von mir, auch in Merseburg alle lieben Verwandten die du dort siehst.
Dein FWNietzsche.