1860, Briefe 124–201
173. An Franziska Nietzsche in Naumburg
<Pforta, 3. September 1860>
Liebe Mamma!
Da ich heute die Kiste nach Naumburg schicke, will ich doch noch gern ein kleines Briefchen beifügen. Wenns gestern auch sehr kurz war, so wars doch recht hübsch, daß wir uns einmal wieder sahen. Heute fängt nun die Examenwoche an. Ich wünsche mir viel Glück dazu. — Das Geld habe ich zum Aufheben übergeben. — Der Onkel Oskar war gestern Nachmittag noch hier; es hat mich sehr gefreut. Grüße ihn vielemal von mir. Ich will gleich noch die Bücher aufschreiben, die ich für die nächste Klasse brauche. Homerlexikon von Krusius. Der Livius. Die Briefe Ciceros von Süpfle. Der Leloup. Gesenius, hebräische Grammatik nebst Lesebuch. Eine hebräische Bibel nebst hebräischen Lexicon. Ein griechisches Testament. Arrian. —
Sonst brauche ich noch ein Glas. — In drei Wochen sind ja nun meine dreitägigen Ferien. Ich freue mich sehr darauf. Denn wir haben uns die Hundstage doch nur wenig genossen. —
Gestern Abend habe ich Prof. Buddensiegs besucht. Es war sehr hübsch dort. Vorige Woche war auch Extraneersatz, das habe ich dir wohl noch nicht erzählt. Wir alle bekamen da nebst den Extraneern im Coenakel gemeinschaftlich Kuchen. Nun, vielleicht schickst du mir auch wieder etwas Kuchen, wenn mein Examen zu Ende ist, wie voriges Jahr. Nun lebe recht wohl, meine liebe Mamma, schreib mir recht bald, schicke mir Wäsche und wünsche mir Glück zu den bevorstehenden Examentagen! Viele, viele Grüße an Lisbeth und den Onkel!
Dein FWNietzsche