1865, Briefe 459–489
488. An Franziska und Elisabeth Nietzsche in Naumburg
<Leipzig, vor dem 3. Dezember 1865>
Liebe Mama und liebe Lisbeth,
ich habe nicht nur für Eure freundlichen Briefe meinen besten Dank zu sagen, sondern auch in meinem und meiner Freunde Namen die Versicherung zu geben, daß wir der Einladung für den Nachmittag des nächsten Sonntags sehr gern Folge leisten. Wie wir es mit der Ankunft und der Zeit halten, weiß ich noch nicht. Jedenfalls treffen wir erst Nachmittag ½4 U. in Eurer Wohnung ein. Gersdorff will den Vormittag in Pforte zubringen. Ich möchte eine Matinee nicht versäumen.
Sonstige Mittheilungen könnte ich augenblicklich nicht machen. Weihnachten in Gorenzen? — ein angenehmer Gedanke. Es ist mir lieber als wenn wir wieder in Naumburg die Ferien zusammen verbrächten. Ich wäre am Ende genöthigt der Convenienz mehr als mir lieb wäre Opfer zu bringen. Anderseits ist mir die Aussicht auf Kinderscenen, die Erwartung von unerquicklichen Quiktönen etwas sehr bedenkliches. Ich habe leider von diesem Vergnügen jetzt zu viel genossen.
Ich sehe mir ab und zu neue Wohnungen an.
Also nächsten Sonntag wollt Ihr die Naumburger Schönheiten an uns Parade passiren lassen?
Ist es mir doch in der Erinnerung daß besonders Pinders, Fr. Wachsmuth und Hülsen, auch M. v. Zerboni vortreffliche Folien sind — aber für wen? Für Dich, meine liebe Lisbeth, die Du mir einen so fürtrefflichen Brief geschrieben hast, von dem am meisten mich eine Nachricht interessirte, daß Du nächstens Zeit haben würdest, über das Lebens Räthsel nachzudenken. Auf Deutsch: Dich zu langweilen?
Und folglich, weil ich über solche Dinge Dir geschrieben habe, so habe ich damit erreicht, daß ich Dich — usw.
Lebt recht wohl! Ich habe durchaus keine Zeit. Möge der Kaffee gut und die Damen lustig sein.
Das wünscht von Herzen
F.