1878, Briefe 675–789a
775. An Marie Baumgartner Lörrach
<Basel, 26. November 1878>Dienstag.
Herzlichen Dank, verehrte Frau, ich lebe unter lauter Erinnerungszeichen (von Ihnen und an Sie), Blumen, Trauben, Zwiebäcken, Abschriften — „und siehe! es war alles sehr gut“ — heißt es in der Bibel.
Donnerstag Abend konnte ich Sie nicht wieder begrüßen — ein heftiger Anfall, der mir auch den Freitag raubte, kam heran. Seitdem habe ich immer gekränkelt und mit Mühe meine Collegien durchgesetzt. Meine Angehörigen verlangen: Aufhören! Aufgeben! — — — —
Ich selber warte und warte und bin immer noch geduldig wie ein Esel, weil immer noch voll ein wenig Hoffnung — was am Ende erst recht eine Eselei ist. —
Darf ich mir bei Ihrem Bäcker für einen Franken oder mehr solche Zwiebäcke bestellen, klein, ganz durchröstet und braun? So sind sie mir am zuträglichsten.
Meine Schwester fragte brieflich bei mir an, ob es jetzt nicht auch in Frankreich Dichter gebe, wie Hr’n Lipiner in Deutschland, nämlich einen gewissen M Prudhomme? — Ganz zufällig.
Ich grüße Sie von Herzen
als Ihr dankbarer
F. Nietzsche.
(Und was soll aus Ihren guten Gedichten werden?)