1863, Briefe 340–403
389. An Franziska und Elisabeth Nietzsche in Naumburg
<Pforta, 16. Oktober 1863>
Liebe Mamma und Lisbeth!
So habe ich denn meinen Geburtstag wieder einmal glücklich verlebt, und abgesehn davon, daß es eben ein recht tüchtiger Lektionstag war, und daß das Gefühl 19 Jahre alt zu sein nicht zu den angenehmsten gehört: ist es mir den ganzen Tag recht wohl und heiter gewesen und ergangen. Als ich um 11 aus der Lektion in meine Stube kam, fand ich da den Tisch schön gedeckt und darauf alle eure schönen Geschenke aufgebaut: was mich recht freute. Zuerst nun danke ich euch recht schön, recht vielemal für alle eure guten Wünsche, zu denen Gott seinen Segen geben möge: dann habe ich mich recht über alle eure Geschenke gefreut, besonders da ich auch noch andre mit all’ den schönen Eßsachen erfreuen konnte. Schade daß das Buch nicht das richtige ist: ich habe dies nicht bei Domrich bestellt, es ist ein Irrthum. Dies Buch hier besitze ich schon. Das gewünschte hieß „Anmerkungen zu den Nibelungen und zur Klage.“ v. K. Lachmann. Dankt doch den guten Tanten recht schön für ihre Briefe und ihre reichen Gaben; besonders lieb ist mir die Photographie des lieben selgen Vaters. Das Buch der Tante Rosalie ist leider auch noch nicht bei Domrich angekommen.
Heute morgen habe ich von den schönen Kuchen gegessen und habe noch an 14 meiner näheren Bekannten geschickt, sodaß er gerade alle ist. Er war aber vortrefflich und hat mir und den andern recht gut geschmeckt. Auch das schöne Obst und den schönen Wein, über den ich mich sehr freute — es sah alles so schön und bunt aus — habe ich vertheilt, nach dem ich alles gekostet hatte. Also — ich kann nicht bloß für mich sondern für alle, die mit genossen haben, danken. Wilhelm und Gustav haben mir recht hübsche Briefe geschrieben.
Vielleicht schreibt mir auch der Onkel Edmund in der nächsten Zeit. Sonntag also wollen wir uns in Almrich treffen, zum letzten Mal also bis Weihnachten. Ich habe immer sehr viel zu thun, und deshalb gar keine Zeit zu etwas andern.
Der kleine Tintenwischer, liebe Lisbeth, ist fast zu hübsch, als daß ich ihn gebrauchen könnte. Ich danke dir auch recht für deinen Brief. Also Sonntag auf Wiedersehn! Vielleicht kommt ihr auch Abends zu den großen Feierlichkeiten auf den Knabenbergen.
Nun nochmals vielmaligen Dank!
Euer Fritz.
Ich habe Schnupfen, das ist übel. Bitte Taschentücher! Morgen werde ich euch den Brief an Heinze schicken, eher habe ich keine Zeit.