1863, Briefe 340–403
382. An Franziska und Elisabeth Nietzsche in Naumburg
<Pforta, 25. September 1863> Freitag früh um 10 Uhr.
Liebe Mamma.
Morgen also werde ich glücklich die letzte Stufe vor dem Abiturientenexamen erstiegen haben, die mir in Pforte noch zu ersteigen war: ich werde nach Oberprima versetzt. Sende mir doch ja morgen Wäsche, insbesondre Taschentücher und außerdem das nothwendige Uebel, was mit jeder Versetzung verbunden ist: Geld. Also bitte. Ich denke du wirst nun wieder besser bei Kasse sein.
Sonntag wollen wir uns doch jedenfalls in Almrich sehn, ich freue mich recht darauf. Daß es mit euren englischen Verhältnissen so rasch von Statten geht, soll mir angenehm sein. Nächsten Freitag also komme ich, hoffentlich werde ich noch Platz haben: richtet mir nur das Stübchen recht hübsch ein. Diese Tage jetzt arbeite ich sehr fleißig, es geht nun gewaltsam auf das letzte Jahr zu, man muß sich immer mehr anstrengen.
Man lebt jetzt recht viel in der Zukunft und macht sich Pläne für die Universitätszeit: selbst meine Studien beginne ich schon darauf einzurichten.
So werde ich auch jetzt zu meinem Geburtstage mir eigentlich nur wissenschaftliche Werke wünschen, und zwar sind es folgende:
Die Nibelungen. Herausgegeben von Lachmann. Mit Glossar. 1851. Berlin, Gsellius, 1 Thl. 6 Srg.
G. Dronke, die religiösen und sittlichen Vorstellungen des Aeschylos und Sophokles. gr. 8. 1861.
Leipzig, Teubner, geh. 24 Srg
Fr. Schubert, Grand Duo à quatre mains.
Holle, 15 Srg.
Außerdem nichts weiter. Nur noch diese sachliche Bemerkung, daß ich diesmal vielen von meinem Geburtstagskuchen mittheilen will und muß.
Der letzte Geburtstag, den wir so nah zusammen verleben. Das nächste Mal sendet ihr mir meine Geschenke wer weiß wohin.
Lisbeth danke ich recht für ihren Brief, der mit verschiedenen Stimmungsansätzen und ebensoviel Absätzen sich recht wunderlich ausnahm. Nun freilich, die Herbstluft und das Manoevre — und um poetisch zu werden — die Uniformen — mag schon ein bißchen viel Leben in — die Beine bringen. Daher die vielen Ansätze und Absätze.
Also Sonntag sehn und sprechen wir uns. Morgen ist Umzug, darum fürchterlicher Schmutz.
Habe leider keine Zeit. Darum Adieu!
Vergeßt mich nicht!
Fr.