1859, Briefe 47–123
47. An Rosalie Nietzsche in Naumburg
<Pforta, kurz vor dem 13. Januar 1859>
Liebe Tante!
Es dauert mich gar sehr, daß ich an Deinem lieben Geburtstag dir nicht mündlig meine Glückwünsche sagen kann. Nun, ich gratulire dir vielemal und wünsche, daß du dieses Jahr gesund und froh verleben mögest. Behalte mich auch immer recht lieb wie im vorigen Jahr. Diese kleine Ansicht von Pforta hebe im Andenken an mich auf. —
Es dauert mich sehr, daß dein Geburtstag nicht auf einen Sonntag fällt, aber wenn du erlaubst, komme ich nächsten Sonntag zu dir und vielleicht kommt auch die Mamma dahin. Natürlich nur, wenn es dich nicht stört. —
Es ist jetzt etwas unfreundlich in Pforta. Dieses Thauwetter hat wieder unsre schöne Eisbahn zerstört. Auch der Wind war recht bedeutend. Aber wirklich erhaben klang es, wenn der Wind durch den Wald braußte. Ueberhaupt ist die Lage von Pforta sehr schön und sie gefällt mir immer von Neuen. —
Wie geht es übrigens den Tanten? Ich habe recht lang nichts von ihnen gehört. Nun, Sonntag über acht Tage werde ich sie auch wieder besuchen. Lebe wohl, meine liebe Tante, länger habe ich nicht mehr Zeit zu schreiben und mit den innigsten Glükwünschen für dein neues Jahr verbleibe ich
Dein Fritz Nietzsche
AI. port.